Soziallehre am Punkt

ExpertInnen im Gespräch - 6 Videos der Veranstaltungsreihe

Angesichts der Pandemie und der dadurch ausgelösten Krisen steht unsere Gesellschaft vor großen Herausforderungen. In einer ähnlichen Situation veröffentlichte Papst Leo XIII. am 15. Mai 1891 das Rundschreiben RERUM NOVARUM.

Es war der Wille, als Kirche in eine neue Zukunft zu schauen, in der sich wirtschaftliche, soziale, politische und geistig-kulturelle Umbrüche ankündigten. Das Datum der Veröffentlichung der Sozialenzyklika war gleichzeitig die Geburtsstunde der Katholischen Soziallehre.

Seither sind 130 Jahre vergangen. Es waren bewegte Jahre bis zum heutigen Tag. Mit den Geschehnissen der Zeit hat sich die Soziallehre weiterentwickelt und dabei nichts an Aktualität und Brisanz verloren.

Die online Reihe SOZIALLEHRE AM PUNKT. ging den Prinzipien der Katholischen Soziallehre nach, die als „Kompass“ oder „Faustregeln der Verantwortung“ dem Reflektieren und Handeln kirchlich Engagierter Orientierung geben.

Zahlreiche Gäste haben bereits seit der Veranstaltungsreihe die Gespräch mit Expert*innen via Youtube angesehen.

Nachhaltigkeit

Die beiden Enzykliken von Papst Franziskus FRATELLI TUTTI und LAUDATO SI machen klar, dass es angesichts der heutigen Herausforderungen eine neue Form des Zusammenlebens braucht, die von Geschwisterlichkeit und der Sorge um diese unsere Welt geprägt ist.

Damit stehen diese beiden Schreiben von Papst Franziskus nicht nur in einer 130jährigen Tradition der sozialen Botschaft der Kirche, sondern vereinen alle ihre Prinzipien in sich.

Magdalena Holztrattner, ehem. Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreichs
Karl Immervoll, ehem. Betriebsseelsorger im Nördlichem Waldviertel und Papst Leo Preisträger
Gabriele Kienesberger, Diözesansekretärin Katholische ArbeiterInnenbewegung Wien

Personalität

Individualität, Würde und Freiheit sind Merkmale des Personalitätsprinzip. Ist dieses Prinzip schon die katholische Vorarbeit auf die Allgemeinen Menschenrechte? Und welchen Stellenwert nimmt es heute ein, wenn auf die Globalisierung und ihrer Krisen „Migration“, „Klima“ und „Corona-Pandemie“ politisch richtig zu reagieren ist?  

Hans Schelkshorn, Institut für Interkulturelle Religionsphilosophiedn der Kath.-Theol. Fakultät, Universität Wien
Doris Helmberger-Fleckl, Chefredakteurin, Die Furche

Gerechtigkeit

Gerechtigkeit ist eines der Leitworte der Bibel. In der christlichen Soziallehre ist der Begriff Gerechtigkeit eng verbunden mit den Prinzipien des Gemeinwohls und der Solidarität. Die Erde gehört allen Menschen – das ist in der ersten Sozialenzyklika Rerum Novarum unmissverständlich festgeschrieben, und Papst Franziskus proklamiert in Fratelli Tutti eine universale Gleichheit und Geschwisterlichkeit. Die Realität ist ein andere, und das nicht erst seit den absehbaren ökonomischen Verwerfungen durch die Corona-Pandemie.
Worum geht es in der Frage nach der Gerechtigkeit? – Um Bedarf? - Um Leistung? – Um die Frage der Verteilung ganz konkreter Güter und Lebenschancen?  Um den Prozess, die Regeln, oder um das Ergebnis? -
Was heißt dann für Christ*innen, Gerechtigkeit zu tun, wie es biblisch vielfach gefordert wird?

Anna Wall-Strasser, Vorsitzende der Katholischen Arbeitnehmer/innenBewegung Österreich
Karl Immervoll, ehem. Betriebsseelsorger im Nördlichem Waldviertel und Papst Leo Preisträger

Solidarität

Solidarität – ein Wort mit vielen Bedeutungen, das sehr verschieden verstanden wird. Oft wird Solidarität eingefordert oder beschworen – aber was genau meint das? Die Loyalität zu einer bestimmten Gruppe, oder den Einsatz für Bedürftige? Und manche wirtschaftsliberale Ideologie stellt Solidarität insgesamt in Frage, weil sie dem Konkurrenzkampf am Markt zuwiderläuft und somit (angeblich) die ökonomische Leistungsfähigkeit schmälert.

Die katholische Sozialverkündigung sieht in der Solidarität eine "christliche Tugend" (Johannes Paul II.): nicht bloß diffuses Mitleid, sondern aktiver Einsatz für soziale Gerechtigkeit – hierzulande und im Weltmaßstab. Aber dürfen Christ*innen überhaupt Partei ergreifen? Und, wenn ja, für wen?

Gunter Prüller-Jagenteufel, Doktoratsstudienprogrammleiter am Institut für Systematische Theologie und Ethik der Kath.-Theol. Fakultät, Universität Wien
Christoph Riedl, Generalsekretär Solidarität, Kommunikation & Soziales der Caritas Diözese St. Pölten

Menschenwürde

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“, so Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Insbesondere die Erfahrungen mit dem Grauen der Shoa haben zur Verankerung der Menschenwürde im ethischen, politischen und rechtlichen Diskurs beigetragen. Doch wie steht es heute um „Menschenwürde“? Ist sie mehr als eine bloße Leerformel, ein erhabenes Wort in feierlich verabschiedeten Texten, aber ohne Bedeutung im realen Leben? Wessen „Würde“ berührt uns eigentlich (noch)? Oder steht heute vielleicht sogar der Mensch an sich auf dem Spiel, der eher danach strebt, in virtuelle Welten zu flüchten, als sich den drängenden Problemen einer zerbrechenden Welt zu stellen? Eine Cloud für die (ehemals) menschliche Elite, der Untergang für die „Barbaren“?
Im Gespräch wollen wir den philosophischen und theologischen Spuren der Würde des Menschen nachgehen und fragen, in welchen kirchlichen und gesellschaftlichen Feldern diese Würde aktuell besonders auf dem Spiel steht. Da am 19. März der Festtag des hl. Josef begangen wird, gilt es natürlich auch die Würde der menschlichen Arbeit zu bedenken.

Michaela Quast-Neulinger, Universitätsassistentin am Institut für Systematische Theologie, Universität Innsbruck. Aktuell Habilitationsprojekt zu christlich-muslimisch-jüdischen Reaktionen auf die Autoritätskrise des 19. Jahrhunderts.
Heinz Mittermayr, Abteilungsleiter, Katholische ArbeitnehmerInnenbewegung Oberösterreich

Subsidiarität

Das Subsidiaritätprinzip hatte ursprünglich die Verhältnisbestimmung von Staat und Familie im Auge.
Inwieweit ist es auch im Blick auf größere politische Einheiten (Europäische Union), in der Frage der Entwicklungshilfe oder der Bewältigung der aktuellen Krisen von Migration über Klima bis hin zur Corona-Pandemie relevant?

Marianne Heimbach-Steins, Direktorin des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Doris Helmberger-Fleckl, Chefredakteurin, Die Furche

mz/mz

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