Ein Muslim auf dem Jakobsweg

So unerwartet wie der Buchtitel, so überraschend erzählt Mouchanad Korchide seine Pilgererfahrung auf dem Jakobsweg. Pilgern ist im Islam eine Selbstverständlichkeit, denn zumindest einmal im Leben sollte jeder Muslim die Kaaba in Mekka umrundet haben. Der Religionswissenschaftler will herausfinden, wie das mit dem Pilgern im Christentum ist. Dazu bereitet er sich – so seine Schilderung – nicht besonders auf den Jakobswegs vor, denn er kauft sich zwar Wanderschuhe, weil er das gelesen hatte, diese brauche man, aber dann fliegt er per Flugzeug nach Santiago. Dort angekommen ist er überrascht, dass er auf erschöpfte aber zufriedene Menschen trifft. In betont humorvoller Erzählweise nimmt er Leser:innen mit auf seine Pilgererfahrung. Durch Gespräche und Erfahrungen kommt er nach und nach dahinter, dass das Pilgern nach Santiago de Compostela ganz etwas anderes ist als die Hadsch der Muslime. Aber er gibt nicht auf, denn er will ja die Erfahrungen des Weges kennenlernen und beginnt den Weg in der Gegenrichtung zu gehen, weg von Santiago di Compostella. Für die Leser:innen sehr humorvoll anmutend erzählt er von seinen Wegen manch Irrwegen auf dem Camino und vor allem von den Begegnungen und Gesprächen auf seinem Weg. Jede und jeder, der glaubt am Ende wird aus Mouchanad ein pilgender Christ, wird sich wundern, denn für den Autor wird der Jakobsweg von „einer unerträglich lauten Stille“ begleitet, und zu einer Reise ins eigene Ich, einer Reise zu Gott. Die Erfahrungen und vielen Gespräche mit sich selbst und anderen Pilger:innen, von denen er erzählt, lassen ihn das Christentum neu erleben, die Motivationen von Jakobswegpilgernden kennenlernen. Aber die Erfahrungen führen ihn zu einem neuen Entdecken des eigenen islamischen Glaubens und lassen ihn den Islam noch einmal neu erleben. Besonders spannend sind die geteilten Erkenntnisse, denn der Pilgerweg trage für ihn zu einem sich selber nahekommen bei, und erst, wenn man sich selber näherkommt, ist es auch möglich Gott näherzukommen.

Ein Buch, das sich trotz des scheinbar schweren Gehalts leicht und schnell liest, jedoch nicht nach der Lektüre ins Regal gestellt wird, sondern durch die Erfahrungen und Gedankenwege des Autors in den eigenen Gedanken und Nachdenkweisen nachwirkt.